#12: EVOLUTION (3) UND TRAUM.

Warum wir tatsächlich träumen.

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©2015 JO
(07.01.2014) Im zweiten "Spiegel" 2015 mit dem Titel „Nachts im Gehirn - warum wir träumen“, geht es in der Titelgeschichte um den Stand der Ursachenforschung im Bereich des menschlichen Träumens.

Die Kernfrage nach dem Warum wird von der heutigen Wissenschaft leider noch nicht beantwortet, weswegen ich mich im Rahmen dieser Artikelreihe mit diesem spannenden Thema beschäftigt habe.

Neben einer Vermittlung des neurowissenschaftlichen Faktenstandes wurde in dem Artikel die ungelöste Frage formuliert, warum ältere Menschen weniger träumen.

Auch auf diese Frage gibt es jedoch vermutlich eine logische Antwort.

Dieser ursprünglich nicht geplante Artikel entstand spontan in Anlehnung an eine thematisch nahe Konzeptentwicklung.
TRÄUME.
Träume, Bewusstsein und Unterbewusstsein sind ein faszinierendes Thema, da das Wesen des Kinos und das Wesen von Träumen interessante Parallelen aufweisen.

Im Kern geht es bei beiden Dingen um allgemein gültige Aspekte und Gesetzmäßigkeiten, die unser Leben bestimmen und im Zeitalter neuer Formen der Realität immer bedeutsamer werden.

Nicht erst seit Inception, dessen Prämisse auf der TV-Serie The Sleepwalker Project gründet, hat sich das Kino immer wieder mit Träumen und fließenden Grenzen zwischen Bewusstem und Unbewusstem auseinandergesetzt.

In handwerklich sauber erzählten Geschichten - im Kino genau wie in der Literatur und manch anderen Erzählformen - wird das Unterbewusstsein direkt adressiert.
Auf diese Weise werden starke, manchmal überwältigende Emotionen bei den Rezipienten ausgelöst.

Dabei wirken versteckte Mechanismen und Muster, die in dieser Artikelreihe insgesamt untersucht werden.



Schon oft habe ich über Traummechanismen und -Ursachen nachgedacht, selber schon das eine oder andere Mal luzid geträumt.

Im Kontext der Untersuchungen zu Zusammenhängen zwischen Evolution und Kino bin ich zu einigen interessanten Erkenntnissen gekommen, die auf dem bisherigen Verlauf von DecodingCinema aufbauen.


Träume sind ein dualer Mechanismus innerhalb des Menschen:

• Auf der einen Seite unterstützt Träumen das Streben nach (innerem) Gleichgewicht und somit nach Stabilität.

• Auf der anderen Seite unterstützt Träumen die Evolution eines Menschen sowie evolutionäre Aspekte innerhalb des für ihn relevanten Lebensbereiches.
STABILITÄT UND EVOLUTION.
• Der Mensch selber ist ein komplexes dynamisches System, jeder einzelne menschliche Lebensablauf ist ein stetiger Evolutionsprozess. (In den Artikeln #12 und #13 sind die grundsätzlichen Funktionsweisen und Erkenntnisse aus dieser Artikelreihe hierzu beschrieben.)

• Wie in jedem dynamischen System gibt es auch beim Menschen Faktoren, die dem Gesamtsystem Stabilität verleihen.

• Stabilität in dynamischen Systemen entsteht einzig durch Gleichgewicht bzw. der Annäherung an ein Gleichgewicht in mindestens einem bestimmenden Spannungsfeld.



Das menschliche Bewusstsein selber bewegt sich im ursächlichen Kernspannungsfeld vom

Streben nach Gleichgewicht auf der einen Seite, was ihm Stabilität verleiht,

auf der anderen Seite folgt es den Gesetzen der Evolution.


Der Begriff Evolution bezieht sich im Kontext mit Bewusstsein auf unsere ganz „persönliche“ Evolution, also unser Streben nach Weiterentwicklung und Weitergabe unseres Wesens - sowohl biologisch-genetisch als auch durch die Weitergabe unseres „Geistes“ - letzteres könnte man als eine Art "ideelle Evolution" bezeichnen.

Der biologisch-genetische Aspekt zeigt sich beispielsweise bei allen Eltern, die biologische Kinder haben.

Der ideelle Aspekt in unserer persönlichen Evolution zeigt sich beispielsweise bei Politikern, Wissenschaftlern, Künstlern und sonstigen Machern, die durch ihre Arbeit zu Fortschritt und Erkenntnis oder auch zu Stabilität in unserer Welt beitragen.
Auch auf diese Weise können z.B. durch Verdienste, Werke oder Arbeiten einzigartige Wesens- und Charaktermerkmale oder sonstige immaterielle Werte und Errungenschaften weitergegeben werden.

Die außerpersönliche Evolution, beispielsweise Veränderungen innerhalb des für uns relevanten Koordinatensystems in dieser Welt, wird durch Rahmenbedingungen bestimmt, auf die wir i.d.R. geringeren Einfluss haben, als auf unser eigenes Wesen und unser persönliches "Evolutionspotential".


Für alle Aspekte gelten jedoch dieselben Gesetzmäßigkeiten.

Stabilität und Evolution bedingen einander wechselseitig und interagieren direkt miteinander.

Beide Dinge sind elementarer Bestandteil allen Lebens auf diesem Planeten.

Stabilität ist in ihrem Kern eine Form der Erhaltung oder auch Selbsterhaltung.

Evolution wiederum bedeutet Fortschritt, Weiterentwicklung, das Entstehen von Vielfalt durch Weitergabe und (Neu-)Kombination von Wesensmerkmalen.
Hierbei verschieben und verändern sich ständig und nicht selten in hochdynamischen Prozessen Gleichgewichte, neue Spannungsfelder entstehen und streben wiederum nach Gleichgewicht.


Grenzenlose Evolution ohne Stabilität, beispielsweise das Wachstum von Krebszellen, entfaltet eine zerstörerische Wirkung und vernichtet sich am Ende selber.
Dies ist ein herausragendes Wesensmerkmal von (unbewussten) Evolutionsprozessen ohne stabilisierende Faktoren.
SPANNUNGSFELDER.
Innerhalb eines komplexen dynamischen Systems kann es praktisch unendliche Spannungsfelder geben.

Dies gilt für jeden einzelnen Menschen, wie auch für soziale Gruppen oder ganze Gesellschaften, unseren Planeten insgesamt.

Sobald wir mit einem anderen Menschen in Verbindung treten, entsteht ein Spannungsfeld, in diesem Fall sind die bestimmenden Pole zwei verschiedene menschliche Wesenskerne in ihrer gesamten, hochkomplexen Ausprägung.

Funktionierende Beziehungen erhalten ihre Stabilität durch MINDESTENS EINE, oftmals mehrere Spannungsfelder, die sich im Fall des stabilen Funktionierens insgesamt in einem Gleichgewicht befinden.

Gleichgewicht in dynamischen Systemen ist nie ein statischer Wert, sondern eher ein Näherungswert, dem sich die Verhältnisse immer wieder nähern und entfernen.


Dieses Prinzip ist allgemeingültig und kann überall entdeckt werden:

- im einzelnen Menschen

- dort wo Menschen miteinander in Verbindung treten

- selbst zwischen Menschen und einem Objekt, das für diesen Menschen eine besondere Bedeutung hat. Man denke hierbei nur einmal an den Volleyball Wilson, der Tom Hanks Gefährte auf der Insel in Cast Away wird.


Unter dem Mikroskop betrachtet, könnte man beispielsweise verschiedene Rituale oder Handlungen in einer Beziehung auf ihre Kernspannungsfelder untersuchen und bestimmende Motive und Emotionen relativ exakt klassifizieren und beispielsweise Verhältnisse in Ausprägungen bestimmen, um zu verstehen, warum eine Beziehung stabil funktioniert - oder aber auch, was als destabilisierende Kraft wirkt.


Nicht jedes Spannungsfeld ist jedoch relevant, je dynamischer ein System ist, desto komplexer sind die Prozesse und Kräfte, die wirken.


Insofern lohnt es sich, auf bestimmende Spannungsfelder zu achten.


Ein Spannungsfeld ist dann bestimmend, wenn es das Potential hat, einem dynamischen System Stabilität zu verleihen oder einem System tatsächliche Stabilität gibt.


Absolutes Gleichgewicht ist ein theoretischer Wert, dennoch strebt unser Wesen stets nach Gleichgewicht.


Ein starkes, stabiles Gleichgewicht allein kann die Masse oder auch Energie haben, ein System zu stabilisieren, im praktischen Leben sind dies jedoch oftmals mehrere Gleichgewichte.

Stabilisierende "Konstanten" unseres Lebens sind beispielsweise Sicherheiten materieller und immaterieller Natur, Bindungen, Beziehungen, (Selbst)Bewusstsein usw..
All diese Eigenschaften stehen im ständigen Konflikt mit der Außenwelt, jedoch hat sich in den Verhältnissen in der überwiegenden Anzahl der Fälle ein intaktes, funktionierendes Gleichgewicht gebildet.

In Bezug auf Gleichgewichte bei Menschen und in Systemen, in denen Menschen interagieren, gibt es den Begriff der Harmonie, der leider oft im Zusammenhang mit Esoterik gebraucht wird.

Rein praktisch bedeutet Harmonie jedoch schlicht: funktionierende Balance innerhalb bestimmender Spannungsfelder.
(Mehr zu diesem Thema im späteren Artikel Das Gewicht des Herzens.)


Kommen weitere, außerhalb eines bestimmenden Spannungsfeldes liegende Pole hinzu, die genügend Energie oder auch Masse durch Emergenzeffekte erreichen, dass das Gleichgewicht innerhalb des bestimmenden Spannungsfeldes gestört wird, entstehen weitere, manchmal hoch komplexe Konflikte, durch die ein bestehendes Gleichgewicht (z.B. ein bewährter Modus Operandi oder Modus Vivendi) zunächst gestört wird und daraufhin das Gesamtsystem an Stabilität verliert.


Ein neues Spannungsfeld kann wiederum bestimmend werden, wenn es in einer evolutionären Dynamik entsteht und das Gesamtsystem (vorübergehend) zu destabilisieren droht.


Jedes bestimmende Spannungsfeld verfügt über zwei Pole, in denen sich mit der Zeit ein Gleichgewicht bildet / herauskristallisiert.
Allein dies kann in der Entstehungsphase des Gleichgewichtes, dem "Balanceakt", zu einem massiven Konflikt führen.



Diese Prozesse sind aufgrund der praktisch unendlichen Möglichkeiten des Lebens in allen Intensitäten und Graduierungen denkbar.

Auch die Anzahl der möglichen Konflikte ist aufgrund unserer begrenzten Lebenszeit im Verhältnis zu allen theoretisch denkbaren Möglichkeiten in dieser Welt praktisch > ∞.


Jeder Spannungspol kann in seinem Entstehen zunächst als ein Attraktor im Phasenraum eines dynamischen Systems betrachtet werden.

Ein paar Beispiele:

- ein Mensch wird befördert und bekommt einen neuen Verantwortungsbereich (Attraktor)
- ein Mensch verliebt sich in einen anderen Menschen (Attraktor)
- ein Streben nach einer ideellen oder materiellen Sache (Attraktor)
- gesellschaftliche Veränderungen, z.B. durch eine bestimmte ökonomische oder technologische Entdeckung / Entwicklung (Attraktor) usw.


Dieser Attraktor sammelt möglicherweise so viel Energie oder auch Masse, bis er ein bisheriges Gleichgewicht so empfindlich stört, dass sich schließlich vielleicht ein neues bestimmendes Spannungsfeld herauskristallisiert.

Dies sind selbstorganisierende Emergenzeffekte, die jedoch auch stets den dualen Gesetzen des Gleichgewichts (der Stabilität) sowie der Evolution folgen.

Innerhalb dieses neuen, bestimmenden Spannungsfeldes findet dann der naturgegebene, evolutionäre Prozess des Ausbalancierens statt, der wiederum ein neues Gleichgewicht anstrebt, um dem Gesamtsystem Stabilität zu verleihen.


Dies ist die Kernfunktionsweise von (belebten) dynamischen Systemen, von Evolution und von Leben und somit in dramaturgischen Systemen oder auch in Träumen.
WACHZUSTAND UND TRAUM.
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Im Wachzustand streben wir stetig nach Gleichgewicht (Stabilität) einerseits, andererseits wird unser Handeln von Evolution vor dem Hintergrund unserer menschlichen Endlichkeit bestimmt - Fortschritt, Weiterentwicklung, Weitergabe unseres Wesens (biologisch-genetisch / ideell).

Evolution bedeutet im Zusammenhang mit jedem einzelnen Menschen Weiterentwicklung und Erkenntnisse, Erfahrungen - innere Evolution - und es gibt natürlich soziale Interaktion, Zwischenmenschlichkeiten, Prozesse, Tätigkeiten, Projekte - an denen wir beteiligt sind und die wir vielleicht sogar in maßgeblicher Funktion mitgestalten oder gestalten.

Evolution ist zeitlich klar ausgerichtet: ob wir wollen oder nicht, sie ist unaufhaltsam und wir nehmen stetig an ihr teil, weil wir Teile von verschiedensten dynamischen Systemen sind, in denen wir leben.


In den früheren Artikeln dieser Reihe wurde festgestellt, dass sich das menschliche Entscheiden und Handeln auf emotionaler Ebene stets in einem Spannungsfeld von zwei Kräften bewegt:

Angst und dem menschlichen Streben nach Entgrenzung.
In diesem Spannungsfeld entstehen alle menschlichen Emotionen. (Siehe Artikel #6 Projektkern 2 - Abschnitt "Existenz")


Die Erkenntnisse aus den weiteren Artikeln belegen dies:


Angst drückt oftmals unser Streben nach Gleichgewicht, also Stabilität aus:
Bewahren, festhalten, leider oftmals auch das Klammern an ein gefundenes Gleichgewicht, das sich nach und nach auflöst.

Das menschliche Entgrenzungsstreben wiederum ist vor dem Hintergrund unserer Endlichkeit zu betrachten, hierbei geht es klar um Evolution:
menschliche Neugier, Risikofreude, Kreativität, Schöpfungswille und -Kraft usw., alles der genetischen und ideellen Weitergabe unseres Wesens wegen.


Beide Sachen wiederum sind jedoch auch wieder dual aufgeladen und können in beide Richtungen wirken, zwei Beispiele:
- Entgrenzung im Rausch als Eskapismus (aus Angst)
- Bewahren von z.B. Werten und Normen zur Erhaltung von Gleichgewicht / Stabilität, um Evolution (Entgrenzung) erst zu ermöglichen.



Es ist in meinen Augen grundlegend falsch, das menschliche Wesen während des Schlafes als „auf einer Bewusstseinsebene mit Tieren“ zu vergleichen, wie dies eine Forscherin in dem Spiegel-Artikel tut - warum sollte der Mensch im Schlaf oder während eines Traums ein anderes Wesen als tagsüber sein?

Manche biologischen Funktionsweisen mögen sich gleichen, jedoch ändert der Zustand des Schlafes menschliche Eigenschaften nicht grundlegend.



Im Prinzip verhandeln wir im Traum nichts anderes als tagsüber, wenn wir uns mit Arbeit, Familie, Problemlösungen etc. beschäftigen, jedoch in einer freieren und deswegen nicht selten intensiveren Form, da unser Bewusstsein nicht von oberflächlichen äußeren Konflikten überlagert wird, auch können wir in Träumen losgelöst von etlichen Naturgesetzen agieren und handeln.


Das, was von den Neurowissenschaftlern als Default Mode Network beschrieben wird, also einem Bewusstseinsraum im Schlaf ohne die störende Überlagerung von äußeren, ablenkenden Konflikten und Gedanken, ermöglicht uns wiederum nach dem Superpositionsprinzip theoretisch unmittelbar in alle Bereiche des Bewusstseins und Unterbewusstseins zu springen.

Nicht umsonst lösen wir deswegen im Schlaf manches Problem oder durchleben Erkenntnisprozesse, manchmal werden Träume jedoch auch als wirr oder chaotisch wahrgenommen.

Die Lösung eines Problems im Traum trägt zu beidem bei: Stabilität UND Evolution.



Im tatsächlichen schöpferischen oder kreativen Flow, beispielsweise in einer t=0 -Phase, können wir nach exakt demselben Prinzip handeln und auf sehr viele Bereiche unseres (Unter)Bewusstseins zugreifen und intuitiv, manchmal auch instinktiv schaffen.


Im Traum, in unserem Default Mode Network, findet dieser Prozess jedoch nicht bewusst gesteuert statt, er folgt meistens lediglich den Gesetzen der beiden unser Wesen bestimmenden Kräfte.

Das Streben nach Stabilität kann sich beispielsweise im Verarbeiten von Erlebtem zeigen, wir folgen unkontrolliert dem Ruf der Evolution, wenn wir im Schlaf Probleme lösen.

Auch dieses Pendel kann in beide Richtungen schwingen, das Beispiel der kognitiven Dissonanz belegt die Dualität des menschlichen Wesens.


In bewussten kreativen oder schöpferischen Prozessen hingegen, in t=0 -Phasen im Wachzustand - oder auch in Momenten des luziden Träumens - folgen beide Prozesse einer potentiell bewussten Zielsetzung, die durch uns gesteuert werden kann.


Beide Prozesse eint die Abwesenheit von überlagernden Raumzeit-Konflikten, sie sind praktisch menschliches Bewusstsein in einer reinen Form mit dem Unterschied einer möglichen Zielsetzung / -Richtung und somit klareren Ordnungsparametern im Wachzustand bzw. in Momenten des Bewusstseins.

Aus diesem Grund erreichen wir in beiden Fällen - im schöpferischen Flow wie im Traum Bewusstseinsareale - Erinnerungen, Verdrängtes, Unbewusstes oder beispielsweise auch Zugriff zu klaren, logischen Erkenntnissen - die normalerweise von äußeren (Raum)Zeitkonflikten überlagert werden.


Natürlich können Zeitkonflikte selber auch Inhalt oder „Verhandlungsmasse“ eines Schaffensprozesses oder eines Traumes sein, jedoch ist der Bewusstseinsraum in diesen Momenten - in beiden Fällen „Default mode network“ im Traum und „T=0 -Phase“ im Wachzustand - dennoch ohne (zeitlich-räumliche) Konfliktüberlagerung.
DER GRUND DES TRÄUMENS.
Der ursächliche Grund für unser Träumen ist somit klar:

genau wie im Wachzustand strebt das menschliche Wesen auch im Traum nach Stabilität einerseits, andererseits nach Lösungen für Herausforderungen der für uns relevanten Bereiche von Evolution.


Träumen ist entfesseltes Bewusstsein.


Hierbei werden die Bilder und Erlebnisse unserer entfesselten Gedankensprünge

• durch Prägung (z.B. Erlebtes, Erlerntes, Erfahrenes, Verinnerlichtes) einerseits

• durch Erwartung
(Planungen, Hoffnungen, Befürchtungen usw.) sowie Potential (z.B. Phantasie und Kreativität) andererseits

bestimmt.



Exakt dieselben bestimmenden Spannungsfelder unseres Wesens, über die wir uns im Wachzustand potentiell eher bewusst sein können, die jedoch oftmals tief in uns verborgen liegen, wirken im Traum auf entfesselte Weise.


Im Traum verarbeiten wir, durchleben erneut Erlebtes, sehnen wir uns, setzen uns mit Kommendem oder Erwartetem, manchmal auch mit Befürchtetem auseinander -
um entweder zu einem Gleichgewicht zu finden oder aber an Möglichkeiten der Evolution zu arbeiten, auch wenn dieser Prozess nicht aktiv von der oder dem Träumenden mit Ordnungsparametern angereichert wird.


Es ist in diesem Bereich sehr interessant, wie die biologischen, chemischen und physikalischen Mechanismen des menschlichen Körpers funktionieren, ursächlich sind jedoch die beiden beschriebenen Kräfte, Gleichgewicht und Evolution, die bislang nur in Teilaspekten oder einseitig von verschiedenen Traum- und Bewusstseinsforschern untersucht wurden.


Bewusstsein selber ist ein Mechanismus der naturgegeben sowohl nach Gleichgewicht / Stabilität als auch nach Evolution (Weitergabe / Weiterentwicklung) strebt.


Menschliches Bewusstsein ist in der Natur bislang einzigartig und wird maßgeblich vom Wissen um die Determiniertheit unseres Daseins bestimmt.


Wahrscheinlich könnte man in dieser Feststellung sogar so weit gehen, dass das menschliche Bewusstsein dem bestimmenden Spannungsfeld STABILITÄT-EVOLUTION untergeordnet ist.


Es ist dabei irrelevant, dass die beiden bestimmenden Kräfte während unserer Traumphasen / Schlafphasen auch ohne von Menschen bestimmte Ordnungsparameter wirken.


Dies ist die Kernschnittmenge aus den heutigen Erkenntnissen der Traumforschung die alle relevanten Theorien der in diesem Bereich führenden Wissenschaftler und selbst wichtige Aspekte und Erkenntnisse aus Freuds Traumforschung einschließt.
TRÄUMEN IM ALTER UND YEATS.
Der Grund, warum ältere Menschen - empirisch betrachtet - weniger träumen, liegt ebenfalls in diesem Sachverhalt begründet:

Lebenserfahrung bedeutet absolvierte Konflikte.

Dies wiederum bedeutet im besten Fall Gelassenheit, in weniger guten Fällen Resignation. (Auch dieser Aspekt ist wie alles im Leben dual aufgeladen.)

Gelassenheit beruht auf einem starken inneren Gesamtgleichgewicht eines Menschen.

Dieses Gesamtgleichgewicht wurde im Laufe verschiedenster Konflikte durch Filterprozesse und anschließend durch das evolutionäre Erlangen stabilisierender Gleichgewichte (Konstanten) erreicht.

Diese verhalten sich weitestgehend stabil gegenüber Umwelteinflüssen.



Gelassenheit entkräftet das Gewicht oder den Druck von inneren und äußeren Konflikten, weswegen in der Ruhephase des Schlafes weniger nach Gleichgewicht oder auch nach Lösungsmöglichkeiten für innere oder äußere Evolution gesucht wird.

Nicht selten haben Menschen mit mehr Lebenserfahrung aber auch schon ein paar ihrer Schäfchen ins Trockene gebracht, was wiederum auch zu mehr Gelassenheit beim zählen selbiger -

und schließlich auch beim Träumen führt :-)



William Butler Yeats
Der Gesang des glücklichen Schäfers


Tot sind die Wälder von Arkadien,
Vorbei die alte Herrlichkeit.

Einst nährte sich die Welt von Phantasien,
Nun verdrängt von grauer Wahrheit.

Doch noch immer dreht sie ruhelos den Kopf,
Aber oh! Sie träumt nicht mehr - träum Du!

Mohn blüht frisch am Hügelrund,
Träume, träume - denn auch dies ist gut!




#12: EVOLUTION (1) UND TRÄUME © 2015 Janosch Orlowsky. Nachdruck und / oder Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung.
Diese Seite dient ausschließlich der persönlichen, nicht kommerziellen Information und Unterhaltung.
APPENDIX #14b: QATSI
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Die Qatsi-Trilogie von Godfrey Reggio setzt sich auf faszinierende Weise mit Fragen des Gleichgewichts in unserer Welt auseinander.

Alle drei Teile sind sinfonische, auf die Musik von Philip Glass arrangierte, bildgewaltige Montagesequenzen, in denen Assoziationen und Eindrücke des menschlichen Lebens und der Natur zusammenfließen.

Dabei findet eine interessante Annäherung an das Spektrum dieser Welt statt, weswegen ich diese Trilogie von Zeit zu Zeit immer wieder gerne sehe.

DVD Cover © MGM, Buena Vista